Kann man bei niedrigen Zinsen erfolgreich in Anleihen investieren?

Was passiert, wenn wie im Sommer 2013 in absehbarer Zeit die Zinsen niedrig bleiben werden und mittelfristig nur noch steigen können? Führt das nicht zu großen Kursverlusten der heutigen, niedrigverzinsten Anleihen und was kann man dagegen tun?

Risiko steigender Zinsen: Schrecken Sie Kursverluste?

Wie bereits in einem vorangegangenen Artikel beschrieben, befindet sich die Eurozone im Sommer 2013 in einer Phase historisch niedriger Zinsen. Der Marktzins für zehnjährige Staatsanleihen von AAA bis A- liegt um 2,5 Prozent, zehnjährige Bundesanleihen rentieren sogar nur bei 1,6 Prozent, fünfjährige Bundesanleihen rentieren unter 1,0 Prozent.  Wir hatten bereits im ersten Artikel zu Anleihen dargestellt, dass die Kurse der heute gehandelten Anleihen sinken müssen, sobald das Zinsniveau zu steigen beginnt. Dies bedeutet konkret, dass alle Anleihen, die Sie heute kaufen, bei steigenden Zinsen tendenziell Kursverluste erleiden werden. Fachleute raten daher oft, in solch einer Situation nur Anleihen mit kurzen Restlaufzeiten von 1-3 Jahren zu erwerben, um dann bei steigenden Zinsen mit dem zurückfließenden Kapital höher verzinste, neue Anleihen zu erwerben. Erwerben Sie länger laufende Anleihen, müssten Sie diese bei Liquiditätsbedarf später mit Kursverlusten verkaufen. Halten Sie die Anleihen mit langen Laufzeiten hingegen bis zur Rückzahlung, müssen Sie über einen längeren Zeitraum niedrige Zinsen in Kauf nehmen, obwohl unter Umständen die Inflation davon galoppiert.

Modellanalyse steigender Zinsen: Dominieren Zinserträge oder Kursverluste?

Wir haben den Einfluss steigender Zinsen auf die Kursentwicklung einer Anleihe anhand eines theoretischen Modells untersucht. Hierzu haben wir drei Investitionsstrategien verglichen: Kauf einer Anleihe mit zehnjähriger Laufzeit, Kauf von einer Anleihe mit fünfjähriger Laufzeit und erneuter Kauf nach 5 Jahren und Kauf einer einjährigen Anleihe / Festgeld jedes Jahr über zehn Jahre. Darüber hinaus haben wir noch ein Anlagemodell getestet, das wir im folgenden Abschnitt eingehender beschreiben wollen, ein Anleiheportfolio mit gestaffelten, ausgewogenen Restlaufzeiten, die „Bond Ladder“.

Wir haben dabei ausgehend von den heutigen Zinsen für Staatsanleihen AAA bis A- zwei mögliche Szenarien untersucht:

  1. Mittelfristige Stagnation im Euroraum: Die Marktzinsen bleiben für vier weitere Jahre auf dem heutigen Niveau und steigen dann mit 0,5 Prozent pro Jahr, also zwei kleinen Zinsschritten der Europäischen Zentralbank pro Jahr.
  2. Schnelle Erholung: Die Marktzinsen entwickeln sich bereits ab 2014 stetig nach oben, ebenfalls mit 0,5 Prozent pro Jahr.

In beiden Fällen haben wir angenommen, dass die Zinsdifferenzen zwischen den Laufzeiten konstant bei 0,25 Prozent bleiben, die Steilheit der Zinskurve also unverändert bleibt. Der Anlagebetrag beträgt 10.000 Euro. Zinserträge werden zum jeweils aktuellen Zins für ein Jahr wiederangelegt. Das Ergebnis ist dann wie folgt:

 

Strategie

Zinsertrag

Max. Kursverlust

Schnelle Erholung

Stagnation

Schnelle Erholung

Stagnation

1 x 10 Jahre

2.695

2.695

560

20

2 x 5 Jahre

3.171

1.698

490

550

10 x 1 Jahr

3.066

1.292

0

0

Bond Ladder

3.058

2.179

350

320

Investitionsstrategien in Anleihen bei steigenden Zinsen

Aufbauend auf unsere Modellanalyse bieten sich verschiedene Anlagestrategien an. Privatanleger, die auf eine schnelle Erholung und damit steigende Zinsen setzen, können zwischen drei Strategien wählen: 2 x 5, 10 x 1 oder die Bond Ladder.  Die in unserem Buch Asset Allocation beschriebene Bond Ladder sieht vor, für jedes Laufzeitband eine Anleihe zu erwerben und diese bei Fälligkeit mit einer 10jährigen Anleihe zu ersetzen. Diese Strategie erzeugt bei 10jährigem Investitionszeitraum ein Anleiheportfolio mit 10 Anleihen und einer durchschnittlichen Restlaufzeit von 5,5 Jahren. Im Falle der schnellen Erholung bringt diese Strategie als zweitbeste hinter der 2 x 5-Strategie einen Gesamtertrag von 3.058 Euro, bei 350 Euro maximalem Kursverlust. Bei Stagnation ist die Bond Ladder ebenfalls die zweitplatzierte Strategie, diesmal aber hinter der 1 x 10-Strategie. Damit wird deutlich, dass die Bondladder nicht die absolut beste Strategie für alle Szenarien ist, in unsicheren Zeiten aber durchschnittlich das beste Ergebnis bringt. Anleger, die kein Szenario bevorzugen, machen damit absolut nichts falsch und können auf stetige Erträge über dem Niveau von Tages- und Festgeld setzen.

Alternativen zur Bond Ladder gibt es auch als ETF. Haben Sie keine klare Meinung zur Zinsentwicklung der folgenden zehn Jahre, sollte der gewählte Index, in den per ETF investiert wird, ebenfalls eine ausgewogene durchschnittliche Restlaufzeit ähnlich der Bond Ladder aufweisen. Der REXP und eb.rexx tun dies annähernd, wenn Sie auf Bundesanleihen setzen. Für Staatsanleihen höchster Bonität aber auch Unternehmensanleihen sind ähnliche Indizes als ETF verfügbar.

Bevorzugen Sie hingegen eine der anderen Strategien, können Sie per ETF aus unterschiedlichen Laufzeitbändern wählen  und diese entsprechend kombinieren. So gibt es beispielsweise den eb.rexx, aber auch andere Anleiheindizes mit Laufzeiten von 1-3 Jahren, 3-5 Jahren, 5-7 Jahren und 7-10 Jahren. Mit solchen ETF ist schnell eine Bond Ladder mit längeren oder kürzeren Restlaufzeiten als den oben genannten 5,5 Jahren zusammengestellt.

Für alle Strategien gilt, dass bei kleinen Anlagebeträgen die Transaktionskosten beachtet werden sollten. Erträge können auch über die Investition in Jahresgeld geparkt werden. Thesaurierende ETF reduzieren den Wiederanlageaufwand.

Resümee

Investitionen in Anleihen erfordern etwas Grundkenntnisse und einen Anlagehorizont von mindestens fünf, besser zehn Jahren. Auch müssen die Zielrichtung der Anlage sowie die Anlagealternative (Opportunität) klar sein. Urlaubssparer und Häuslebauer sparen besser mit Tages- und Festgeld. Für langfristige Anleger haben Anleihen, insbesondere Staatsanleihen, höchster Bonität eine Stabilisierungsfunktion in einem Portfolio mit Aktien und anderen Anlageklassen.

Unsere Modellrechnungen zeigen, dass ein gut nach Laufzeiten ausgewogenes Portfolio auch in einem Zinssteigerungszyklus nur geringe Kursverluste erleidet. Schnelle Zinssteigerungen fließen über die Neuerwerbe innerhalb einer Bond Ladder oder des eb.rexx in die Gesamtrendite ein.

Geht man hingegen davon aus, dass Europa auch in den folgenden vier Jahren oder sogar mehr Jahren keinen nennenswerten Zinssteigerungen aufweisen wird, empfiehlt sich der Kauf 10jähriger Bundesanleihen respektive mehrerer Staatsanleihen höchster Bonität dieser Laufzeit. Wird eine höhere Rendite gewünscht können hier ETF langlaufender Staatsanleihen mittlerer Bonität und Unternehmensanleihen beigemischt werden. Die Bond Ladder weist eine geringere Rendite auf, vermeidet jedoch, mit der Zinserwartung komplett falsch zu liegen. Wenn die Zinsen doch schneller steigen sollten als erwartet, spielt die Bond Ladder ihre Vorteile aus. Ob Sie eine Bond Ladder selber aufbauen oder über ETF erwerben, ist dabei eine Frage von Zeit und Größe ihres Anlagebetrages. Wenig Zeit und kleine Beträge machen den ETF vorteilhafter.

8.08.2013

 

 

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